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Ich hör auf - machst Du weiter?

2008 habe ich das Weltcafé in Dresden-Löbtau gegründet. Zunächst als Einzelkämpfer mit drei Gästezimmern und dem kleinen Café. Jetzt sind es vier Zimmer, ich arbeite wieder Vollzeit in meinem Beruf an der SLUB  und fünf Mini-JobberInnen helfen mir bzw. bekommen das auch gut ohne mich hin ;-)

In den bald 7 Jahren sind die Auslastung der Zimmer und die Umsätze stetig gestiegen. Auch das Café hat sich stabilisiert, und der Bekanntheitsgrad ist stetig gestiegen. Und nichts macht so viel Spaß wie Gäste, die gerne wiederkommen.

Nun ist aber gut. Ich höre auf!

Denn auch die Kosten sind stetig gestiegen und tun das leider wesentlich schneller als die Einnahmen. D.h. ich mache seit mehreren Jahren Verluste und steuere dieses Jahr auf einen Rekordverlust zu. Das macht bei dem Zeiteinsatz, trotz der vielen schönen Momente, einfach keinen Sinn.

Und das Leben wartet ja noch mit anderen spannenden Herausforderungen.

Ein paar Zahlen

Bevor ich das Café eröffnet habe, habe ich viel gerechnet. Von den theoretischen Annahmen ist nicht viel eingetreten.

Jetzt habe ich aber 6,5 Jahre echte Zahlen. Diese echten Zahlen möchte ich Euch nicht vorenthalten und habe ein paar aufschlussreiche Kurven gebastelt. Die Kurven sind einzeln zu- und abschaltbar und zeigen die Einnahmen und den Gewinn/Verlust  pro Monat. Standardmäßig werden die Mittelwerte über drei Monate dargestellt. Das fördert die Übersichtlichkeit.

Wenn ich Zeit habe, werden noch mehr Kurven folgen. Z.B. über die Entwicklung der Ausgaben für Personal, für die Buchungsprovisionen und vielleicht auch zu bestimmten Lieferantenumsätzen.

Noch ein paar dröge Zahlen für die ersten 5 Monate diesen Jahres: Trotz Preissteigerung haben wir "nur" 1,7% mehr eingenommen. Die Unkosten sind aber um 15,9% gestiegen. Normalerweise haben wir dann die restlichen 7 Monate das Frühjahrsloch wieder ausgeglichen. Das wird dieses Jahr unmöglich sein.

Und wer ist schuld?

Normalerweise folgt jetzt eine lange Liste an Beschimpfungen auf den Staat, die Stadt, das Finanzamt und überhaupt auf die Ungerechtigkeit der Welt.

Ich habe mich allen Anforderungen gestellt und mich auch regelmäßig hier im Blog über die eine oder andere Regel ausgelassen, die es "Kleinen" schwer macht.

Und ich habe alles durch: Mietnomaden, versuchte und erfolgreiche Einbrüche, Preiserhöhungen, Wasserschaden, Betriebsprüfung, Rentenversicherungsprüfung, Mindestlohn, Arbeitsschutzbegehungen, Hygienekontrollen, Diebstähle, Kurtaxe, Beherbergungssteuer, Gäste die mitten in der Nacht anreisen, die dem horizontalen Gewerbe nachgehen, die in den Zimmern rauchen, die wegen Streik oder Flut nicht anreisen oder wegen Vulkanausbruch nicht abreisen können, etc.

Aber das wiegt am Ende nichts, wenn man zufriedene Gäste nach dem Frühstück verabschiedet mit der glaubhaften Versicherung, es hätte ihnen gut gefallen.

Schuld hat niemand.

Schuld hätte nur ich, wenn ich jetzt nicht aufhöre und sehenden Auges das ganze Projekt scheitern lasse und ich finanziell und/oder gesundheitlich daran kaputt gehe.

Wie könnte es weitergehen?

Jemand übernimmt den Laden und macht einfach weiter.

Denkbar, aber auch etwas naiv. Wie soll dieser Jemand denn auf einen grünen Zweig kommen? Sprich: das Konzept muss irgendwie überarbeitet werden und vielleicht Geld investiert werden.

Da könnte man doch was Soziales machen.

Klar, aber es muss jemand tun. Irgendjemand muss den Mietvertrag unterschreiben und vielleicht die Fäden zusammenhalten. Soviel ist klar: ich mach's nicht.

Irgendwie crowdfunding-mäßig?

Warum nicht. 2007/2008 hat leider noch niemand nach Crowdfunding gekräht, sonst hätte ich sicher damit angefangen.

Für's Café habe ich Ideen, aber die Gästezimmer interessieren mich nicht.

Gästezimmer waren so mein Steckenpferd. Das mache ich gerne. Und 2008 war es in Löbtau  ja nicht ungewöhnlich, dass viele Wohnungen leer standen. Da war mein Konzept eine gute Idee. Heute kann ich das verstehen, wenn man das nicht weitermachen möchte.

Denkbar wäre z.B. auch, dass ich die Zimmer noch eine (kurze) Weile ohne Café weiterbetreibe. Oder dass eben die Wohnungen wieder zum Wohnen genutzt werden. Das wäre ja nun auch kein Problem.

Und was kostet der Spaß?

Aktuell hat die Einrichtung einen Buchwert von 3.600 €. Die Neubeschaffung ist mit realistischen 44.000 € versichert. Letztes Jahr haben wir ca. 61.000 € eingenommen und 5.600 € Verlust gemacht. Dabei entfielen 70 % auf Übernachtung und Frühstück. Schulden habe ich trotzdem nicht, und alle Rechnungen sind bezahlt.

Aber Löbtau braucht doch Cafés, wieso willst Du zumachen?

Der Wunsch nach Cafés wird immer wieder genannt. Das wünscht sich fast jeder. Nur, das muss jemand machen und irgendwie muss dazu auch eine wirtschaftliche Basis da sein. Das Weltcafé hat es mit den Gästezimmern versucht und ja nur dadurch so lange durchgehalten. Das Café an sich hätte kein Jahr bestanden und wäre schon längst Geschichte. Wie auch das Fairtrade Kontor (2005-2006) oder Les Mademoisselles (2008-2012).

Und nu?

Jetzt mache ich erstmal Urlaub. Ab Mitte Juli stehe ich dann gerne für Fragen und gemeinsame Konzeptideen zur Verfügung.

Dank

Noch ist ja gar nicht klar, wann ich wirklich aufhöre. Aber es ist ja nicht zu früh, mich mal für jahrelange Hilfe zu bedanken, die das Weltcafé erst möglich gemacht hat.

An erster Stelle steht natürlich meine Frau, die das Café von der ersten Idee unterstützt hat und alle Höhen und Tiefen mit durchleidet und sich so manche Ausflugsidee verkneift, weil ich ja im Café bin.

Auch meiner Familie und meinen Freunden möchte ich danken, die das Projekt unterstützen. Egal ob finanziell oder durch Werbung oder moralische Unterstütztung. Alles hilft :-)

Der Kirchgemeinde Frieden und Hoffnung, die mir die Räume vermieten. Besonders Frau Merkel-Manzer und Herrn Manzer und nicht zu vergessen, dem Hausmeister Herrn Langrock, der immer sofort kommt, wenn die Haustechnik streikt oder sich ein Einbrecher versucht hat.

Der GLS Gemeinschaftsbank möchte ich danken für den kleinen Kredit in den ersten 5 Jahren. Es ist schließlich nicht selbstverständlich, Geld für ein Gastronomieprojekt zur Verfügung zu stellen, was von einem Quereinsteiger versucht wird.

Meinen Mitarbeitern, die den Laden auch gut alleine sehr gut schmeißen. So kann ich auch mal ein Wochenende wegfahren oder - wie jetzt - in den Urlaub fahren, ohne dass das Café schließen muss.

Und dieses Mal ganz am Ende: meinen Gästen! Ohne die positiven Rückmeldungen wäre ich nicht so weit gekommen.

Kontakt

Gerne kannst Du mit mir per Email Kontakt aufnehmen. Bitte nicht per Telefon. Darüber bin ich schlecht zu erreichen.

Noch mehr Zahlen

So nach und nach werde ich hier mehr Zahlen veröffentlichen. Damit sich keiner falsche Vorstellungen macht.

 

Ausgaben (netto) Cafe & Zimmer
CafeGästezimmerBemerkung
Miete (warm)545 €
(4,5 €/m2 kalt)
786 €
(4 €/m2 kalt)
Es handelt sich insgesamt um 3 Mietverträge. Die Höhe der Miete muss natürlich neu verhandelt werden und wird ggf. höher als die Verträge von 2008 und 2010 liegen.
Strom98 €71 €Ökostrom von EWS Schönau
Müll34 €Stadtreinigung & Veolia für Speiseabfälle
Telefon, Internet, Homepage54 €Telekom DSL, Uberspace & Sorglosinternet
Zeitungen72 €Sächsische Zeitung und taz
Geldverkehr (Konto, Kartenabwicklung)76 €GLS-Kontogebühren, pos-cash Kartenterminal, Concardis Kreditkartenabwicklung
Dispozinsen17 €
Personalkosten (inkl. Sozialabgaben, Berufsgenossenschaft)2058 €2014: 1842 € / Monat
2013: 1501 € / Monat
Versicherungen48 €Haftpflicht, Einbruch-/Diebstahl, Ausfall
GEZ24 €Für alle Radios und Fernseher
GEMA22 €für die HIntergrundmusik im Cafe
Carsharing19 €
Provisionen181 €Booking.com
2014: 159 € / Monat
Getränke238 €
Lebensmittel1058 €
Reinigung51 €Waschmittel, Toilettenpapier, Reinigungsmittel, etc.
Buchhaltung45 €Collmex, Sage
Schankanlage31 €Reinigung und Wartung
Sonstiger Betriebsbedarf109 €Alles, was nicht in die o.g. Kategorien passt